Das Thema Lobbyismus ist ein für mich ziemlich kompliziertes. Ich hoffe, dass sich das nicht all zu sehr im Beitrag selbst wiederspiegeln wird. Hier ist daher eine kurze Zusammenfassung von dem was mir zu dem Thema auf der Seele brennt:
„Lobbyismus ist praktisch nichts anderes, als eine regulierte, legale Form der Korruption und hebelt unser Grundgesetz sowie die Demokratie ganz allgemein aus den Angeln.“
Zu Lobbyismus gibt es einen meiner Meinung nach recht guten Wikipedia Artikel.
„Ich weiß aus 100 % zuverlässiger Quelle, dass die Familie Mack [Besitzer des Europaparks und relativ wohlhabend; Anm. von mir] ein Heer von Anwälten bezahlt, um Änderungen in der Erbschaftssteuer hinauszuzögern.“
(Ein Redner im Frühjahr 2016 zum Thema soziale Gerechtigkeit den ich aus rechtlichen Gründen anonym halten will. Weitere Informationen siehe unten.)
Damit ich irgendwann mal vielleicht verstehe, worum es dabei überhaupt geht, habe ich beschlossen ein paar Lobby-Begriffe selbst zu definieren, obwohl es im weltweiten Netz vermutlich sehr viel mehr sehr viel schlauere Definitionen gibt.
Definitionen: Lobby, Lobbyismus, Lobbyist
Eine Lobby (Engl. für Interessengruppe) ist eine Gruppe von Menschen mit in Bezug auf bestimmtes Thema gleichen Interessen. Je wohlhabender die Mitglieder einer solchen Lobby sind, desto mächtiger ist die Lobby (in der Regel). Die Lobby der Autoproduzenten ist z. B. reicher und damit mächtiger als die Lobby der Zwangsprostitutionsgegner (ganz einfach weil man mit Sklaverei mehr Geld verdienen kann, als wenn man gegen Sklaverei ist).
Lobbyismus ist – wie auf Wikipedia wunderbar auf den Punkt gebracht wird – eine besondere Form der Vertretung dieser Interessen besagter Lobbys. Dabei spielen hauptsächlich persönliche Verbindungen bestimmter Menschen, genannt Lobbyisten, zu Politikern und anderen einflussreichen Menschen eine Rolle, aber auch Medienarbeit welche meiner Ansicht nach häufig eher als Propaganda bezeichnet werden sollte (d.h., das Meinungen und Sichtweisen manipuliert werden sollen, statt das mit versucht wird, sachlich zu informieren).
Mit anderen Worten gibt es Menschen, die persönliche Beziehungen zu Politikern, Richtern und anderen Entscheidungsträgern haben, und diese Beziehungen gegen Bezahlung Lobbys zu Verfügung stellen, um damit die Interessen der Lobbys zu vertreten. Die belobbyten Politiker tun dann nicht mehr, was gute für das gemeine Volk wäre, sondern das, was die Lobbys wollen, die die besten Lobbyisten haben. Und das kann auch gerne mal gegen das Grundgesetz verstoßen (welches zugegebener Weise teilweise Interpretationsspielraum aufzuweisen scheint). Im folgenden versuche ich das Thema an Hand unzähliger Beispiele und Referenzen dem werten Leser näher zu bringen und zu veranschaulichen.
Wie wird Lobbyismus gerechtfertigt?
Wenn Lobbyismus so negative Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und das Leben vieler Einzelner hat, gibt es bestimmt auch – zumindest offiziell – gute Gründe dafür, dass dieses Konstrukt offen sichtbar und offensichtlich wenig geahndet in einem Land mit so tollen Grundrechten wie unserem existiert.
Diese „guten Gründe“ bestehen so weit ich weiß aus genau einem Grund, nämlich dem, dass Menschen mit einem bestimmten gemeinsamen Interesse sich bei eben diesem Interesse überdurchschnittlich gut auskennen und man daher erwarten könnte, dass sie auch etwas sinnvolles dazu beitragen könnten. Beispielsweise, ob sich ein bestimmtes neues Gesetz negativ auf einen Wirtschaftszweig oder einen Arbeitssektor auswirken könnte. Ein fiktives aber hoffentlich anschauliches Beispiel: Wenn ein Politiker auf die Idee kommt, die Steuer für Benzin zu erhöhen, weil er so mehr Steuergeld einnehmen will, könnte ein „Experte“ (Lobbyist) diesen darauf hinweisen, dass dadurch evtl. mehr Leute weniger Auto fahren könnten, wodurch der Staat dann unterm Strich weniger Geld verdienen könnte als zuvor. So spricht man im Kontext von Lobbyismus, wenn man die positiven Seiten darstellen will, häufig von einer Beratertätigkeit. Diese Beratertätigkeit kann man etwas überspitzt dargestellt auch so veranschaulichen (und ich befürchte dass das ganze in vielen Fällen prinzipiell ziemlich genau so funktioniert):
Politiker: „Ich will mehr Steuergeld und mehr Wählerstimmen. Ich erlasse ein Gesetz, dass den Superreichen mehr Geld abnimmt und es den vielen armen Wählern gibt.“
von Superreichem bezahlter Lobbyist: „Ach nö lass mal, hier, ich bezahle dir deinen nächsten Urlaub und guck mal, da ist ein wirklich schönes Auto und zufällig gebe ich dir gerade den Schlüssel dazu in die Hand.“
Politker: „Ich glaube wir sollten die Reichen nicht mehr so bluten lassen, die armen.“
v. S. b. L.: „That’s My Boy.“
Letztendlich haben aber wie oben und unten dargestellt zumindest scheinbar die meisten Lobbyisten bzw. deren Auftraggeber vor allem Interesse daran, ihren Geldbeutel auf Kosten anderer aufzufüllen und beraten die Politiker unter dem Strich auch daher genau so, dass dieses Anliegen gefördert wird.
Mein Lieblingsthema: Erbschaftssteuer
Zu Beginn verweise ich allgemein zum Thema Erbschaftssteuer auf diesen Artikel. Er stellt so ziemlich genau das meinungstechnische Gegenstück zu meinem Beitrag über Erben sowie meinem Blog insgesamt dar. Da ich davon überzeugt bin, dass sich Weltfrieden nur realisieren lässt, wenn jeder bereit ist jedem zuzuhören und jede Perspektive einzunehmen, empfehle ich sehr die Lektüre dieses Artikels, weil dieser aus einer völlig anderen Perspektive das Thema Erben beleuchtet. Viel Spaß beim Lesen!
Der Ausschlag, warum ich unbedingt will, dass das Thema Lobbyismus möglichst publik wird, ist unter anderem diese Begebenheit. Dabei ging es um ein Gespräch unter hochrangigen deutschen Politikern über eine dringend nötige Reform der Erbschaftssteuer. Derzeit ist es nämlich so, dass Unternehmen steuerlich so sehr erbtechnisch begünstigt werden, dass das ganze im Jahr 2014 als Verstoß gegen das Grundgesetz gewertet wurde (siehe bspw. hier), eine folglich notwendige Reform wurde bis auf den heutigen Tag hinausgezögert – von Lobbyisten (also in diesem Fall Vertretern der „Wir wollen alles selber haben und anderen nix abgeben“-Lobby).
Bei diesem Artikel über die Erbschaftsreformgespräche wird nebenbei erwähnt, dass bayrische Unternehmer Horst Seehofer einen Acht-Punkte-Katalog zur Erbschaftsreform vorgelegt haben. Ich fand es ziemlich irritierend, dass eine vergleichsweise kleine Zahl mutmaßlich wohlhabender Menschen einem der höchsten Politiker direkt diktieren können, welchen Anteil wer zum Allgemeinwohl beizutragen hat (denn im Grund genommen geht es um nichts anderes beim Thema Steuern).
Und so begann meine intensivere Recherche zum Thema Lobbyismus.
Warum Lobbyismus meiner Meinung nach gegen das Grundgesetz verstößt
Wenn man unser Grundgesetz mal ganz unbefangen (und als nicht-Jurist) durchliest, könnte man meinen, dass mein Blog zumindest in Deutschland in die Kategorie „Eulen nach Athen getragen“ gehört. Tut er aber meiner Ansicht nach überhaupt nicht. Ein Grund dafür ist, dass unter anderem durch Lobbyismus effektiv verhindert wird, dass das Grundgesetz realisiert wird.
Im Grundgesetz Artikel 14 (2) steht:
„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Praktisch verhindern zahlreiche Lobbyisten, dass genau das passiert, indem sie die Interessen derer effizient vertreten und durchsetzen, die wollen, dass ihr Eigentum vor allem ihnen selbst dient. Aber der geschätzte Leser möge sich selbst ein Urteil bilden, indem er beispielsweise folgenden Referenzen folgt:
Ein ebenso langer wie aufschlussreicher Artikel über Lobbyismus
AW (Abgeordnetenwatch): Lobbyismus ausführlich erklärt
Mit vielen schönen Beispielen.
Rüstungslobby
Spiegel: CSU Politiker Florian Hahn ist Muster-Lobbyist
Erbschaftslobby
SZ (Süddeutsche Zeitung): Den Reichen darf es weh tun!
SZ: Die Lobby hat Erstaunliches erreicht
SZ: Seehofer kritisiert Schäubles Steuerpolitik
SZ: Familienunternehmen gewinnen Schlacht um Erbschaftssteuer
SZ: SPD und Union einigen sich auf Reform der Erbschaftssteuer
SZ: Das ändert sich für die Erben
Autolobby
SZ: Merkel ist die beste Autolobbyistin
Prostitutionslobby
Emma: die Antwort einer Ex-Prostituierten auf ein Interview mit einer Prostitutionslobbyistin
Dieser Artikel deutet die Existenz einer Prostitutionslobby an und wie effektiv sie in Politik und Gesellschaft Einfluss übt.
Pharmalobby
SZ: Pharmaindustrie schlimmer als die Mafia
Hier geht es mehr um Korruption als um Lobbyismus. Oder mit anderen Worten um Lobbyismus gegenüber Ärzten statt Politikern.
Gemischtes
AW: Ein Lobbyist plaudert aus dem Nähkästchen
AW: CDU Politiker sind gegen Lobby-Transparenz
Lobbyismus durch Propaganda
Wenn das Wort Lobbyismus fällt, dann handelt es sich meistens um die Einflussnahme in Realpolitik über den direkten Draht zu Politikern, Richter und so weiter.
Die andere Seite des Lobbyismus, nämlich die „Propaganda“, kann man aktuell wunderbar in den USA demonstriert bekommen: USA bedient sich nämlich auf eindrucksvolle Art und Weise dieses Instruments. Das, was Trump macht, nämlich einfach das sagen, was ihm gerade passt und ihm Wählerstimmen bringt – unabhängig vom Wahrheitsgehalt seiner Aussagen – ist nämlich häufig das, was diesen „Medien-Lobbyismus“ ausmacht. Auch wenn die Lügen, die dabei häufig propagiert werden, zumindest in Deutschland wesentlich besser versteckt sind.
Das Trump viel lügt, sei beispielhaft durch diesen sowie jenen Linke belegt. Ähnlich dazu verhält es sich mit Frauke Petry und der AfD (also dem AfD- oder „rechte Mitte“- Lobbyismus), wie dieser Artikel zeigt. Ähnlich dazu kann man sich die Lobby-Arbeit anderer Lobbys vorstellen: Es wird irgendwas erzählt, damit der Ruf der Firma bzw. allgemein der Lobby besser wird. Manchmal ist es vielleicht sogar wahr, manchmal nicht, aber wichtig ist für die Lobby nicht die Wahrheit, sondern dass die Lobby davon profitiert…
Einige nennenswerte Lobbies im Überblick die mir so spontan aus dem Bauch heraus eingefallen sind
Auto-Lobby, Rüstungs-Lobby, Pharma-Lobby, Tabak-Lobby, Alkohol-Lobby, Groß-Unternehmer-Lobby, Reichen-Lobby (quasi die über-Lobby), Prostitutions-Lobby.
Das sind die, die mir mehr oder weniger häufig begegnet sind. Ist natürlich weder besonders vollständig, noch besonders präzise. Auch betreiben häufig einzelne Konzerne, Betriebe, Firmen, etc. separat Lobby-Arbeit, sodass diese Gruppierung auch etwas künstlich sein könnte. So wie ich das sehe, kann man ungefähr sagen, dass es für alles, womit man legal viel Geld verdienen kann, eine Lobby gibt, bzw. Lobbyismus betrieben wird.
Dieser Artikel ist übrigens für immer in Arbeit.
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